dc.description.abstract | ln den letzten 50 Jahren sind einige vollständig ausgegrabene Gräberfelder veröffentlicht
worden, besonders aus der Ostzone der Przeworsk-Kultur. Die meisten wurden in den Stufen
A l und A2 bzw. in der Zeit des demographischen Anstiegs gegründet, d. h. am Ausgang der
Stufe Bl und in der Stufe B2. Eine Bevölkerungsgruppe, die einen Friedhof während einiger
Generationen, selten länger, belegte, war nicht gross und bestand vermutlich aus einigen
Familien, erst mit dem demographischen Zuwachs aus einer grösseren Gemeinschaft. Es sind zwei Typen von Nekropolen zu unterscheiden: relativ kleine und kurz belegte, die
nur aus der jüngeren vorrömischcn Eisenzeit (Warszawa-Wilanów, Kruszą Zamkowa) oder aus
der Zeit von der Stufe Bl bis B2/C1 (Nadkole) bekannt sind, und solche, die von der jüngeren
vorrömischen Eisenzeit bis zur frühen Kaiserzeit (Ciecierzyn, Nicdanowo, Kamieńczyk) oder
noch länger (Zadowice, Wymysłowo) belegt wurden. Die Belegunsgszeit der erstgenannten
umfasste etwa 100-150 Jahre, was 5-8 Generationen entspricht, während in den anderen über
300 Jahre, d. h. während mindestens 15 Generationen beigesetzt wurde.
Mit der Zeit verbreitete sich das Areal eines Gräberfeldes in einer bzw. einigen Richtungen.
Die jüngsten Bestattungen befanden sich meistens am Rand der Nekropole, wie in den
kurzbelegten Plätzen in Warszawa-Wilanów, Kruszą Zamkowa und teilweise in Nadkole, aber
auch in Niedanowo und Ciecierzyn, wo über mehrere Generationen bestattet wurde.
In Kamieńczyk, wo 396 Gräber ausgegraben wurden, liegen im Nordteil die frühen
Bestattungen aus der jüngeren vorrömischen Eisenzeit und die spätesten aus der Stufe B2
nebeneinander. Hier wurden relativ die jüngsten Gräber in die älteren cingetieft, was auf die
Wiederbelcgung dieses Teiles nach etwa 200 Jahren hinweist. Nach so langer Zeit gab es sicher
keine kleinen Erdhügcl oder andere organische Markierungen mehr (Steinsetzungen waren in
der Przcworsk-Kultur nicht üblich). Das Areal der Nekropole muss demnach irgendwie
beschränkt gewesen sein, oder ist es zu vermuten, dass die Bestattungsfläche sakral abgegrenzt
war. Zutreffender ist es anzunehmen, dass die Geländebedingungen eine cbtscheidende Rolle
dabei spielten.
Die Menschen, die ältere Bestattungen gestört haben, waren sich dessen völlig bewusst,
wofür in Kamieńczyk die zusammen mit einem neuen Grab wieder sehr sorgfältig deponierten
älteren Ausstattungen und Knochen sprechen. In Oblin wurde die Grube eines Grabes aus der
Stufe A3/B1 bis zum gewachesenen Boden durchgegraben und erst darunter eine Bestattung
aus der Stufe B2 plaziert. Es handelt sich hier nicht nur um die Störungen innerhalb des
älteren Teiles der Nekropole, sondern vielleicht um die Absicht, einen Verstorbenen bei seinem
Ahnen bzw. einem anderen, sozial hochstehenden Sippenmitglied beizusetzen.
Nur selten, z. B. in Ciecierzyn und Nadkole, kommen die Konzentrationen von Gräbern
aus allen oder fast allen Belegungsphasen vor. In den Familienquartieren wurden die Verstorbenen
also nur während bestimmter Belegungsperioden beigesetzt.
Ebenso ist es schwierig, eine oder einige älteste Bestattungen festzustellen, da wir nicht
genau wissen, ob alle in dieselbe Stufe datierten Grabkomplexe tatsächlich zeitgleich sind.
Unsicher bleibt, ob voneinander entfernte Gräber aus derselben Stufe die Familienquartiere
begründeten oder sie aus uns unbekannten Gründen weit voneinander entfernt angelegt wurden.
Um ein neues Areal der Nekropole zu gewinnen, blieb höchstwahrscheinlich die einfachste
Lösung die ständige Vergrösserung in eine oder einige Richtungen. Dafür spricht auch die
horizontale Stratigraphie der Nekropolen mit Familienquartieren, in denen nur eine Zeitlang
die Toten bestattet wurden, was die Struktur des ganzen Objektes nicht störte. Dagegen
entstanden die Störungen, wenn man in den alten Teil der Nekropole zurückkehrte, wofür die
horizontale Stratigraphie in Kamieńczyk sowie in eingen anderen, nicht so gut untersuchten
Gräberfeldern spricht.
Es ist schwer vorstellbar, dass das ganze Areal eines zukünftigen, über Jahrhunderte
belegten Friedhofs, von Anfang an, mit der ersten Beisetzung, bestimmt wurde. Offensichtlich
muss der Begriff „Sacrum” in Bezug auf die Sippennekropole immer im Bewusstsein der
Menschen anwesend gewesen sein und umfasste nicht nur das damals benutzte Areal, sondern
auch die älteren Teile mit noch sichtbaren und nicht mehr sichtbaren Gräbern. | pl_PL |